Weißiger Wasserstolln
Das Dorf Weißig, urkundlich erstmals im Jahr 1235 erwähnt, liegt an der Grenze des Steinkohlengebietes Döhlener Becken. Zur bergbaulichen Erkundung begann der Vortrieb am Stolln (*) um 1840; mit 2-3 Bergleuten belegt wurde er als Suchstolln nach auslaufendem Kohlenflöz ausgeführt.
Der Platz vor dem Mundloch Die Trinkwasserversorgung in Weißig war zu allen Zeiten eine der wichtigsten Fragen in der Geschichte des Ortes. Durch die besondere geologische Formation kann das Oberflächenwasser nicht in das Erdreich eindringen. Es tritt oberhalb der wasserundurchlässigen Schichten wieder aus. Als von 1821 bis 1825 die Bergarbeiterkolonie Unterweißig entstand, wurde mit der schnell wachsenden Einwohnerzahl die Trinkwasserversorgung immer kritischer. Aus dem Jahr 1846 ist überliefert: „Da großer Wassermangel im Ort herrscht, haben die Gemeindemitglieder halbtäglich die Wassersuche durch Graben zu erledigen. Zunächst ohne eine Bezahlung. Auch Hausgenossen sollen 1 Tag Arbeit dazu verrichten“.
Mit diesem dringenden Hintergrund wurde der Ausbau des zunächst bergbaulich genutzten Stollns zum Wasserstolln vorangetrieben. Die Jahresvortriebstafel in Nähe des Gesenkes ist mit der Jahresangabe 1860 versehen. Zunächst wurden 2 Holzleitungen verlegt. Die oberhalb verlaufende Leitung ging bis zum ersten Schulhaus der Gemeinde Unterweißig auf der jetzigen Querstraße und die zweite Leitung verlief entlang der Straße „Zum Grund“. Die Holzleitungen wurden später durch Metallrohre ersetzt. Als im Jahr 1973 Gülle in den Stolln eindrang, musste die Trinkwassernutzung eingestellt werden. Die Wasserqualität verbesserte sich nur langsam. Nach einem Wassergutachten vom 18.1.1996 waren die Messwerte für Nitrat und pH-Wert noch überschritten.
pH-Wert 5,83 (Grenzwert 6,5-9,5)
Zur Wasserspeicherung wurden in 30 m und 65 m Entfernung vom Mundloch Wasserstauer eingebaut. Das Speichervermögen des Stollns liegt zwischen 120 und 150 m³. Der Abfluss ist so ausgelegt, dass zu jeder Jahreszeit und Wetterlage eine konstante Menge Wasser abläuft.
MundlochDer Stollnausbau hat eine Länge von 257 m und einen Querschnitt, der in der Breite zwischen 0,6 – 0,8 m und in der Höhe zwischen 1,2 – 1,8 m variiert. Er ist zum Teil in Ziegelmauerwerk und Sandstein ausgeführt, zum Teil ohne Ausbau. Bei 144 m Länge befindet sich rechtsseitig ein Schacht von ca. 10 m Teufe in Ziegelmauerung. Er diente als Revisionsschacht und zur Beseitigung von Schwemmsand, um somit einen kontinuierlichen Wasserabfluss zu gewährleisten. Zur Sicherung des Straßensockels wurden im Bereich der Straße auf einer Länge von 15 m Verwahrungsmaßnahmen durchgeführt. In diesem Bereich wurde der Stolln im November 1976 mit 30 m³ Kies von Hand voll versetzt. Die bis dahin durchgängige Befahrbarkeit ist deshalb nicht mehr gegeben. Danach erfolgte die Schließung des Mundloches und eine Verschüttung durch Hausmüll und Wildwuchs.
Ein Stück Weißiger Geschichte war nicht mehr zu sehen und drohte, wie auch der abgerissene Gasthof, aus der Erinnerung zu verschwinden.
Neuer Weg zum Stolln mit der
Lehrtafel zum ehem. Gasthof
Wasserhäuschen am BachIm Zusammenhang mit dem Abriss des ehemaligen Gasthofes Besser begann am 24. April 2010 die Freilegung des Mundloches. Das gesamte Umfeld wurde parkähnlich gestaltet und mit Schautafeln zum Stolln und zum ehemaligen Gasthof Besser versehen. Die Einweihung erfolgte am 17. Juni 2010 anlässlich der 775-Jahrfeier von Weißig.
(*) Stollen - in Eigennamen und im sächsischen Raum wird traditionell "Stolln" geschrieben - horizontaler Grubenbau, der von der Erdoberfläche aus waagerecht oder mit geringer Steigung in das Gebirge hineinführt